Heute ist Vatertag. Für viele Menschen kein leichter Tag. Den
guten Anteil im eigenen Vater ehren fällt vielen Überlebenden sehr schwer. Wenn
der Vater seine Sexualität mit seinen Töchtern lebt, seine Söhne vergewaltigt
oder wenn die Sexualität ausgelagert wird in die Pornoindustrie, dann ist Not
in der Familie, in der ganzen Gesellschaft. Dann ist die natürliche Ordnung
verdreht. Auch wenn die Mutter Hand an ihre Söhne legt. Die Zahlen zeigen jedes 3. Mädchen und auch jeden 5. Jungen als Opfer sexueller Gewalt und nicht alle Täter sind Männer. Es betrifft die hälfte der Gesellschaft, wenn wir die Täter mitzählen, kein unrelevantes Thema.
Ob die Väter Täter waren oder nicht beschützten, nicht da waren –
die Vaterrolle ist lange, lange Zeit in unserer Gesellschaft seltsam verknüpft.
Väter müssen das Geld ranschaffen und gleichzeitig der Fels in der Brandung
sein aber weil die Mutterrolle so rein und fürsorglich konnotiert ist, fällt
der Sex weg. In der klassischen Familienaufstellung wird dann sehr deutlich,
dass da eine Leerstelle neben dem Vater ist, die sich neu füllt. Was dann
passiert, tut einfach nur noch weh, ich habe es durch meinen Stiefopa erlebt.
Ich möchte ein christliches Thema ansprechen, was ich in meinen
Aufstellungen gerne umstelle: Die Rolle Josefs in der Geschichte, der Vater. Wir
haben einen Fehler gemacht im Lesen dieser Geschichte, finde ich. Sie steckt
voller Parabeln, doch wir haben sie wörtlich genommen. Nehmen wir sie wirklich
wörtlich und analysieren die Rollen mal familienaufstellungstechnisch,
entfaltet sich ein verwirrtes Bild, was aufgeräumt werden möchte.
Vier Archetypen haben finden wir in der ursprünglichen
Geschichte: Mutter Maria, Vater Josef, das Kind Jesus, der später als er selber
Erwachsen wird seine Frau Maria Magdalena an seiner Seite. In der Geschichte
wird der Göttlichkeit, dem großem Vater, eine fünfte Rolle zugewiesen, was für viel
Missverständnis sorgt.
Wenn Maria eine unbefleckte Empfängnis vom Vater bekommt, also
Sex mit dem großem Vater hatte, dann läuft in dieser Geschichte was falsch. Mal
abgesehen von dem Missbrauchsthema, was Mutter Maria da mit ihrem Vater hatte,
auch diese auserwählte Göttlichkeit des einen Menschen – nur der eine bekommt
was von der Göttlichkeit ab, wir andern sind „nur“ irdisch gezeugt - das hat
nur einen Nutzen, die Manifestierung des Patraichats: es gibt einen Bestimmer,
einen Monarchen, einen Auserwählten – so stellt sich die Kirche zumindest im
Laufe der Geschichte dar. Machtmissbrauch wo wir hinschauen in Historie der
Kirche. Und Mutter Maria, wie geht es ihr damit, dass sie von ihrem Vater
misshandelt wurde und sein Kind austrug??? Hatte sie deswegen keinen Sex mit
ihrem Mann? Vielleicht machte sie gerade die tiefen Prozesse, die eine
Aufarbeitung eines Missbrauchs mit sich bringen, zu der tiefen, wundervollen
Frau mit dieser alles umspannenden Mütterlichkeit – aber vielleicht hatte sie
auch einfach Sex mit Josef und der wurde verschwiegen???
Und Jesus. Hat er sich als Auserwählten gesehen? Jesus war ein
Held, ein Vorrausgeher, aber er hat sich auf Augenhöhe gesehen, was er geliebt
hat und immer wieder dargestellt wird in der Geschichte. Jesus hätte seine
Geschichte ganz anders geschrieben, als das was da heute steht, das ist sicher!
Das Bild, Jesus als etwas Besonderes hinzustellen, richtet mehr Schaden als
Nutzen an. Wir bemühen uns alle heute darum, endlich Augenhöhe in Beziehung zu
bekommen und reden davon, dass wir alle einen göttlichen Funken in uns tragen.
Diese alte, immer noch einflussreiche Geschichte, hilft uns dabei nicht. Jesus
hat also vom Göttlichen genau das bekommen, was wir alle haben und unsere
Mütter brauchten dafür keinen Verzicht auf Sex mit ihren Männern..
Vielleicht liegt das Problem auch in dem Begriff „Geschichte“,
der wird für ausgedachte Märchen, für fiktive Vergleiche wie Parabeln genauso
genutzt wie für die Wahrheit, die Historie. Und selbst die Wahrheit – wir
kennen alle die Geschichte von Buddha über die sechs Blinden, die einen
Elefanten beschreiben. Für den einen ist der Elefant ein Pinsel, weil er den
Schwanz in der Hand hält und für den anderen ein schwerer Tontopf weil er den
Fuß beschreibt – selbst die Wahrheit ist immer in Frage zu stellen.
Aber zurück zum Vatertag, der Ehrung des irdischen Vaters: Dem
eigentlichen Vater, Josef, wird in dieser Geschichte seine Vaterschaft
abgesprochen. In dieser Geschichte steht Josef keine sexuelle Verbindung zu. Er
darf beschützen, ernähren, arbeiten, aber seine Frau soll er unbefleckt lassen,
also keinen Sex. Was macht Josef dann???? Ja, da gibt es ja noch die ohnehin
als Hure deklarierte Maria Magdalena. Die Tochtergeneration. Hier beginnt ein
Teil der Verwirrung und im dunkel liegender Geschichte. Als ich klein war habe
ich Mutter Maria und Jesus für ein Paar gehalten, weil sie auf den Abbildungen
im gleichen Alter dargestellt werden. In der Geschichte gibt es zwei Paare, die
aber nicht zusammen gehören. Vater und Tochter. Sohn und Mutter.
Ich räume in meinen Aufstellungen gerne an dieser Stelle auf: ich
gebe Josef seine Frau wieder an die Seite und ihm den Dank für den Samen. Dank
für seinen leiblichen Sohn Jesus. Ich gebe ihm auch seinen Sohn wieder. Und
auch die Mutter darf in der neuen Geschichte wieder Sex haben und zwar mit
ihrem Mann Josef. Die unbefleckte Empfängnis ist in meinen Augen eine Idee, die
jahrtausendelang katastrophale Folgen in unser Dasein geschlagen hat.
Geschichten drücken aus, was da ist in einer Gesellschaft – also hat es schon
vor 2000 Jahren eine große Verwirrung über die Mutterrolle und Vaterrolle
gegeben, an der wir bis heute tragen. Die Vaterrolle ist ein anderer Archetyp
als der Sohn. Auch die Sexualität ist anders. Ich merke immer Jesus und Maria
Magdalena können leicht als Paar wieder zusammen gefügt werden, doch Josef und
Mutter Maria sexuell wieder zusammen zu führen ist ein fast unvorstellbarer
Schritt. Vater und Mutter dürfen keinen Sex haben. Ich hol an der Stelle die
alten Wikinger ins Spiel. Kein gestandener Wikinger hört nach dem ersten Kind
auf mit seiner Frau zu schlafen. Da bleibt eine erdige, sehr verwurzelte
Sexualität, die gelebt wird, bis ins hohe Alter. Selbst wenn wir uns diese Idee
nur bei Asterix und Obelix abholen, doch in dem Dorf gehen die Väter mit ihren
Frauen zurück in die Hütte. Auch die Alten noch.
Ich will sagen, wir dürfen aufräumen in uns und die Rollen neu
besetzen. Die Sexualität wieder entwirren, so dass Vater und Mutter und der Sohn
und seine Frau wieder Sex haben, wieder in intime tiefe Verbindung miteinander
gehen. Mutter und Vater dürfen Sex haben, unbedingt! Dazu gehört auch dass wir
Maria Magdalena ihren Ehrenplatz Jesus gegenüber wiedergeben. Es ist
geschichtlich schon lange bewiesen, dass sie Apostolin Nr.1 war, seine engste
Vertraute. Das mit der Hure ist eine Erfindung um von ihrem wahren Wert/Platz,
als Frau abzulenken. Sie war mit Sicherheit eine sehr karismatische Frau und
das wird auch Jesus gemerkt haben. Nicht umsonst hat sie ihn bis ins Grab
begleitet und war die Auserwählte, die ihn als Wiederauferstandenen erleben
durfte. Da war kein Mann, der diese Existenzielle Nachricht verbreitete. Die
Weise, die Sehende war eine Frau. Hier im Museum in Berlin liegt ein Teil ihren
Evangeliums, dass seit 1896 bekannt ist. Es stammt von 160 nach Christi. (Ich
hab darüber geschrieben: http://schamanin.ninaschmitz.de/2016/03/maria-magdalena-war-jesus-nachste.htmlImmerhin hat die Kirche ihr inzwischen Heiligkeit und einen Feiertag
zugesprochen. Wie spannend das ich diesen Satz schreibe – es gibt etwas in uns,
dass darauf wartet, die Wahrheit anzuerkennen, bis die Kirche sie endlich
anerkannt hat – als würde es dann erst wirklich wahr werden, wenn die da Oben
anerkennen, dass Maria Magdalena Apostolin Nr.1 war und endlich der erste
weibliche Papst geweiht wird. Diesen weiblichen Weg, den dürfen wir hier auf
Augenhöhe neu begehen, auch ohne die da Oben, die gar nicht da oben sind. Wir
sind es, die sie dahinstellen. Wenn wir diese uralte Egoverknüpfung auflösen in
uns, dann ist Erleuchtung möglich. Wenn wir die Geschichte entmachten, neu schreiben,
enttarnen wir die heilig gesprochenen Fesseln. Auch heilig gesprochene Fesseln
sind Fesseln, aus denen wir uns befreien können. Augenhöhe und die entwirrte
Version von tiefer Verbindung ist möglich und notwendig, dann heilt auch der
sexuelle Missbrauch, der so viele betrifft in dieser Gesellschaft.
Ehren wir die heilen Anteile in unsere Vätern. Ehren wir Josef
für seinen Samengeschenk an Jesus und dafür dass er ein guter Vater war. Und
erlauben wir ihm wieder Sex zu haben mit seiner geliebten Maria, die nicht ganz
so unbefleckt sein muss. Möge Gnade einziehen und unsere Sexualität neu ordnen.
AHO
Acryl, Bleistift auf
Papier, 50 x 60 cm, 2016,
„Keine Ahnung“
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