hörte ich meine Tochter sagen...
das geht ja gar nicht, dachte ich - im Zweifelsfall hat sie diese Einstellung von mir... triggert mich auch voll an, der Satz... Ich kenne das Gefühl nur zu gut und ich bin dankbar. für diese Erinnerung, dass es da noch was zu verändert gibt bei mir... ich werd das mal Revue passieren lassen, was da kommt!
Liebe Mi, als Deine Mama kann ich Dir dazu nur sagen: es ist totaler Quatsch! Du kannst ne Menge Dinge besonders gut.
Aber ich nehme an, dass Du das nicht meintest mit "Ich bin in Nichts richtig gut", sondern dass Du das Nichts auf zu bewertende Leistungen in der Schule bezogen hast.
Ich war immer nur eine durchschnittliche Schülerin, im Gegensatz zu Dir!!!
Ich kenne dieses Gefühl - und obwohl ich für mich heute entschieden habe, mich weder als Durchschnittlich noch als Nichts-könnend zu sehen - und eigentlich die Idee hinter dieser Entscheidung hier im Vordergrund steht!
Das Gefühl nicht gut genug zu sein, hat immer damit zu tun, in welche Relation man sich stellt, zu wem man sich in Bezug setzt und wo man den Ausgangspunkt für seinen eigenen Wert hinsetzt. Schaut man immer nur nach Oben, nach den NOCH-Besseren, nach den Stars oder schaut man auf das GANZE System, setzt man sich selber mal wieder in eine andere Relation im Gesamtzusammenhang dieser Welt.*
Das ist keine Kleinigkeit, weil die Energie aus dem Gefühl "gut" zu sein oder eben "es sowieso nicht zu schaffen" einen großen Einfluss hat auf seinen eigenen Ehrgeiz. Man kann sich selber anspornen und beflügeln oder man kann sich in eine negative Spirale herunterziehen. Es ist ein gravierender Unterschied, ob man sich wertvoll, auf dem richtigen Weg und sein Tun als Erfolgsversprechend ansieht oder ob man da sitzt und denkt: ich kann das sowieso nicht, ich schaff das nie, alles ist sinnlos.
Geh in beide Seiten der Gefühle und Du wirst die unterschiedliche Qualität der Energie spüren in Dir.
Die Frage ist jedesmal wieder, wie stoppe ich den negativen Kreislauf, wenn ich drin bin - wenn ich mal wieder zu spät bemerke, dass ich mich den falschen Gefühlen zugewandt habe und in der Abwärtsspirale festhänge - denn das schlimme an der Abwärtsspirale ist das Gefühl der Ohnmacht (von "ohne Macht" sein, als hätte ich nicht die Zügel in der eigenen Hand und könnte es nicht ändern).
Doch ich kann es ändern, immer, zu jedem Zeitpunkt, kann ich mich entscheiden mein Leben zu verändern!
DAS ist die wichtigste Erkenntnis, wenn ich den Zustand der Abwärtsspirale verändern möchte: ich muß erkennen, dass ich einer Lüge auf den Leim gegangen bin: ich kann sehr wohl in mir, ganz alleine, mit meiner eigenen Kraft die Sitaution verändern, das Ruder herumreißen und Schritt für Schritt mich wieder in die positive Richtung bewegen... das geht nicht sütt, total schnell. Ich mag das Bild eines riesen Ozeandampfers gerne, der seine Richtung ändert: man dreht am Steuerrad und nur ganz langsam verändert der Dampfer seine Richtung - würde ich, weil das Schiff nicht sofort auf Kurs SüdWest umspringt gleich wieder aufgeben und das Steuerrad wieder in die alte Richtung wenden, wäre es, als wäre nichts passiert - sondern ich muß konsequent eine Weile durchhalten, bis ich das Ergebniss dann auch im Außen sehe. Die Kursänderung bei Menschen beträgt meist zwei Wochen bis sie sich zeigt, was keine soooo allzu lange Zeit ist - es lohnt sich bei der Veränderung bestimmter Gewohnheiten sich mit einer zweiwöchigen Konsequenz am Ball zu halten und die Ergebnisse z.B. schriftlich zu kontrollieren - Du wirst erstaunt sein:
schreibe den Ist-Zustand auf und mache die Punkte, die sich verbessern sollen aus, plane die Veränderung und plane die Fragen, die Du Dir in zwei Wochen stellen willst und dann lege diese Unterlagen beiseite,
handele zwei Wochen konsequent
und hole die Unterlagen wieder hervor und vergleiche: Du wirst erstaunt sein, dass verspreche ich Dir.
Und diese Erfolgserlebnisse (und damit Du sie auch nachlesen kannst, mache sie schriftlich) die sind von Wert für ein Leben, weil sie Dir zeigen, dass alles möglich ist, was immer Du erreichen willst: weil sie Dich befähigen in die Eigenmacht zu gehen, weil sie Dich befähigen zu erreichen, was immer Du Dir für Dich wünscht.
Ein weiterer Gedanke ist folgender: wir sollten uns alle Abschminken, dass es einen Zustand gibt, indem man der beste und tollste der Welt ist: das Superstar-Denken. Es wird immer jemanden geben, irgendwo zwischen den Milliarden Menschen dieser Welt, der es besser kann, der es genauso kann und jünger ist. Und? Was solls? Dieses Ziel kannst du getrost einfach aufgeben.
Das ist, was mir diese wundervolle Stadt Berlin beibringt. Ich bin groß geworden mit einem Studium in einer der berühmtesten Klassen der Welt: die Becherklasse. Bernd Becher ist in der Kunstszene eine Legende und der Erfolg vieler seiner Schüler erzählt eine eigene Geschichte. Der Name Becherklasse öffnet Türen, ja - aber was sagt das? Es ist wie eine selbsterschaffene Luftblase von Wert, die, wie z.B. die Werbung im TV allgemein, nur exisitiert, weil einer oder mehrere sagen, dass ihr Wert besonders toll ist - aber sobald Du heraus trittst aus dem Dunstkreis dieser Luftblase, ist der Wert absolut gleich Null.
Hier in Berlin kennt kaum jemand Bernd Becher, also, was soll ich sagen - alles worauf ich mich in Düsseldorf verlassen habe, ist hier einfach nicht da. Aber bin ich deswegen weniger wert als vorher in Düsseldorf? Bin ich deswegen anders? Nein. Ich bin die Gleiche, ich habe die gleichen Begabungen und die gleichen Fähigkeiten. Ich bleibe immer die Gleiche. Es ist also egal, wie das Außen mich honoriert. Es ist egal, was für eine Note ich bekomme, oder was für einen meßbaren Erfolg ich im Außen habe: ich bin die Gleiche, auch wenn niemand bemerkt jemals wieder bemerken wird, dass meine Geschichten lustig sind, oder tief oder die Farben meiner Bilder so bunt sind, weil sie Mut machen sollen, selber bunt und mutig zu sein....
Hier in Berlin lerne ich mein Leben, meine Liebsten, meine Freunde als meinen Mittelpunkt zu schätzen. Ich lerne in Berlin, zwischen all den Harzern und armen Kreativen, dass sie alle trotzdem genial sind - ich habe hier ein Potential entdeckt, dass es in der Düsseldofer Kunstszene nicht gab, weil dort alle irgendwo "mitmachen" wollten und dadurch die Freiheit fehlt - und ich habe hier gelernt, dass das Streben nach Klamotten, Autos, Geld, Zeitungsartikeln, Ausstellungen - eben nach äußerem Erfolg, keine Grenzen kennt - es immer jemanden gibt, der mehr hat/größer ist...
das befähigt mich einen ganz wichtigen Schritt in der Entwicklung zu tun:
ich lasse die Wertmaßstäbe los. Ich befreie mich davon. Es ist egal, was Andere sagen, was ich wert bin: ich mache meine Arbeit, weil ich sie machen will. Und egal, wie Andere sie beurteilen, ich mache sie trotzdem. Ich mache sie für mich und weil es mir Spaß macht.
Was ist das Fazit aus all dem???? Ich muß gerade an Laya denken und unsere tägliches Kartenspielen. Uno! Am Anfang hat es Laya jedesmal total verzweifelt gemacht, wenn sie verloren hat - ich weiß nicht, wie oft ich wiederholt habe, dass es doch gar nicht darauf ankommt, ob sie oder ich jetzt gewinnen - das auch keiner was dafür kann, ob er nun gewinnt oder nicht: die Karten kommen eben mal so und mal so. Aber das wir doch hier spielen, weil wir Spaß am spielen haben wollen und doch eigentlich die Spiele am tollsten sind, die ewig lang dauern... und ganz langsam hat sich ihr Blick auf unser Spielen gewandelt und sie freut sich inzwischen wenn ich eine +4 Karte aufspiele, weil sie dann weitere 4 Karten bekommt mit denen sie das Spiel verlängern kann.
Dahinter steckt der alte buddhistische Satz: Der Weg ist das Ziel.
Es ist egal, ob man am Ende gewinnt oder verliert, hauptsache der Weg dahin hat Spaß gemacht. Lass Dir das durch den Kopf gehen, wirklich... fühle nach, überprüfe meine Worte für Dich!
Ich kann nicht sagen, ob meine Erkenntnisse für irgendwen außerhalb meiner Selbst relevant sind, dass kann nur jeder selber überprüfen.
Und dann: Nur, was Du an dir selber wertschätzt, kannst du auch bei anderen wiedererkennen - es passiert nicht so oft, dass man bei Mitmenschen auf diese Faktoren gleichzeitig trifft, deswegen hat man auch nur eine handvoll wahrer Freunde - es erscheint mir doch allzu sinnlos sein Leben vom Lob der Anderen abhängig zu machen, wenn ich mir die Unwahrscheinlichkeit der zusammentreffenden Wahrscheinlichkeitsfaktoren überlege... Zeit, Fähigkeit Anzuhalten, sich und andere wertschätzen...
da scheint es mir eine solidere Basis zu sein, sich selber liebe zu lernen, als sich auf die Anderen zu verlassen. Sich auf eine innere Forschungsreise zu begeben, was mich ausmacht und was ich alles an mir lieben kann - jeden Tag ein Stückchen mehr, ist doch eine feine Idee! Achtsam, aufmerksam, beobachtend und anerkennend - für jede Nuance der Veränderung und für die wachsende Fähigkeit jeden Tag ein Stück stabilere Glücklichkeit in sein Leben zu holen! Denn jetzt bist Du an der Reihe, jetzt ist Deine Zeit! Du bist es wert Dich selber zu lieben!
Ich liebe Dich, meine wundervolle Tochter, Deine Mama!!!!
* Deutlich finde ich dies auch, wenn ich mir all die Menschen anschauen, die permanent über ihre sogenannte Armut jammern. Sie haben hier zu wenig Geld und das ist alles zu teuer - sieht man den Reichtum eines jeden Menschen in diesem Land mal im Gesamtzusammenhang der Welt oder auch im Vergleich der Geschichte der Menschheit, dann sind wir alle unglaublich reich, selbst als Harzer. Vor hunderten von Jahren lebten nur Kaiser mit einem eigenen Bad in der Wohnung und niemand hatte eine Heizung, die man nur aufdrehen brauchte - Küchenmaschinen, Lebensmittelläden, Autos, TV, Reisen.... wir leben in einer sehr reichen Zeit und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich dies erleben darf! Wir haben alle ein Dach über dem Kopf, genügend Essen, Freizeitangebote for free - wir haben alle die Freiheit der eigenen Entscheidung, des eigenen Berufes, nach Bildung - das Internet ist frei und die Bibliotheken sind voller Bücher und Weiterbildungsangebote der Jobcenter sind zwar durchleuchtungswürdig, aber vielfältig und gut - selbst mit dem Zustand der gesellschaft vor hundert Jahren, leben selbst die Ärmsten in Luxus. Es ist die Relation mit der man sich bewertet.
Ich finde es arrogant oder borniert, wenn ich Menschen in diesem Land davon reden höre, dass sie arm wären oder zu wenig Geld hätten.