Montag, 15. Mai 2017

Erleuchtung heisst heilen, nichts weiter // Tag 5

Tag 5
Über Geben, Empfangen und Nehmen, Teil 2/3

Ich geh jetzt auf die andere Seite, auf die Seite des Gebers. Das Prinzip von Geben und Empfangen ist kein Handel. Geben geht ohne zurück bekommen, Geben ist ein Geschenk. Sonst heißt Geben, Fordern. Also dürfen wir uns überprüfen, ob an unserem Geben nicht die Forderung des Dankes, des „dafür bleibst du aber bei mir“ oder andere verworrene Ideen stecken. Wenn ich ganz ehrlich mit mir bin, habe ich in manchen Beziehungen sogar die Botschaft mitgeschickt: das was ich hier großartiges für dich tue, kannst du niemals ausgleichen - da kannst du tun was du willst - puh, wenn ich diese alte Stimme in mir höre, dann spüre ich richtig Rache, die da raus spricht und frage mich wieso? Spricht da meine alte Wut auf Gott, von dem im Ende alle Geschenke kommen? Ich höre meine Unverzeihlichkeit, eine Stolperfalle, die ich mir selber immer noch stelle. Denn der Schmerz der inneren Kinder heilt nicht durch Rache, sondern indem wir sie halten und trösten – nicht der Täter oder irgendein Ersatz, sondern wir selber. Wir sind die einzigen die unsere innere Kinder erreichen können. Auch wenn wir uns so danach sehnen, dass Mama und Papa oder Ersatzmama und Papa in Form von Partnern und Chefs oder oder das für uns tun. Diese Dimensionsverschiebung funktioniert nicht. Nur wir selber können Innen an unsere inneren Kinder gelangen und ihnen geben, was ihnen fehlt.
 Ja, Geben gleicht sich aus, aber Vorsicht, wenn wir geben UMZU ist es kein Geben. Eventuell empfangen wir aus ganz anderen Quellen als die, in die wir gaben - der Ausgleich des Universum an Fülle passiert nicht im Handelssystem, wie wir es hier auf der Erde erfunden haben. Unser Handelssystem ist vom Ego erfunden, nicht aus der Liebe.

Und noch ein anderer Blick auf Geben, Empfangen und Nehmen: Ich habe viel und oft gegebene, weil ich mich klein gemacht habe. So wie ich bin, fühlte ich mich früher wertlos. Ich hatte das Konstrukt in mir, dass ich mein Dasein kompensieren muss mit viel Leisten, um eine Berechtigung an Aufmerksamkeit zu bekommne. Noch schräger sogar, der Täter meines Kleinkind-Traumas hatte mir gesagt, dass unter meiner hübschen Haut ein Luder versteckt wäre – ich hatte keine Ahnung was das ist, nur das es etwas besonders Böses sein musste. Zwei Folgen verfolgten mich lange: ich traute mich nicht mein wahres ICH zu zeigen – das was unter der hübschen Haut lag – und ich bemühte mich besonders viel Gutes = gesellschaftlich Anerkanntes zu tun, um von dem Bösen abzulenken. Dadurch produzierte ich einen Mangel in mir, weil ich natürlich weder von mir, noch von Außen für mein wahres ICH anerkannt wurde, da ich es ja ablehnte und versteckte. Jeder Lob, jede Anerkennung den wir für unsere Masken, für die kompensierenden Rollen bekommen, perlen an uns ab – das sogenannte Fass ohne Boden – weil wir genau wissen, dass diese füllende Energie nicht uns, sondern der Maske gilt. Sehr fatal, wie die kindlichen Übelebensstrategien Mangel in uns kreieren und sie fortbestehen lässt, solange wir im alten Muster bleiben. Da das Fass nicht voll wird, wir aber Fülle brauchen, entsteht Sucht nach mehr – ein im wahrsten Sinne wahnsinniger Kreislauf, der da angeschmissen wird wenn wir unsere wahres ICH nicht leben. Und wie schnell sagen wir als Erwachsene dumme Sätze zu unseren Kindern ohne die Konsequenzen, auch wenn sie nicht so krass sind, wie bei diesem Beispiel, zu bedenken.
Wir powern uns aus als Gebende im Kompensationsmodus – alle die Burnout haben oder bei sich selber ein Helfersyndrom erahnen, kennen das Spiel gut. Ich habe so viel gegeben, damit andere bemerken, dass es toll ist, mit mir zusammen zu sein, weil sie dadurch viel bekommen - ich spüre, neben der Anstrengung, richtig den Saugnapf in dieser Form des Gebens, die aus dem Mangel des Gebers entsteht. Und was macht das mit unserem Gegenüber, der soviel von uns bekommt und gleichzeitig unseren Saugnapf angelegt bekommt? Ja klar, der wird irgendwann wütend und befreit sich und rennt weg. Kein Wunder. So rum werden wir nicht voll. Bevor wir wahrlich geben, dürfen wir also erstmal in uns die Verwirrungen auflösen und unsere inneren Kinder füllen, empfangen und innerlich wachsen. Wachsen wir in unsere Größe.
In bestimmten Köpfen ist es was Schickes, Understatement, lieber unterschätzt als ein Angeber sein - doch verlassen wir diese Polarität, dann kommt etwas anderes daraus als Übertreiben - die Heilung von sich kleiner machen ist nicht sich größer machen, sondern so sein, wie ich bin - mich in meiner wahren Größe zeigen. Wie oft habe ich mit meinem Mangel in der Tasche vor einem Galeristen gestanden, der meine Arbeit bis dahin nur ohne meine Person kannte und gut fand und dann stand ich da, mit meinem unterwürfigen Bitten, die sofort seine Abwehr hochfahren ließen. Einen Moment lang mag das meinem Gegenüber schmeicheln, wenn ich ihn auf einen Thron setze und verehre, aber unbewusst bekommt mein Gegenüber mit, das ich nicht die bin, für die ich mich ausgeben und ihm den Thron nur schenke, weil ich was will - mir als was klaue, was ich meine, was mir nicht zustehen würde –
Auf die eine oder andere Weise spürt jedes Gegenüber den Schwindel und wenn er noch so unbewusst aufgetischt wird. Und dann wird ihm schwindlig, übel oder er merkts nicht und will einfach nur weg.
Dennoch hier liegt ein Paradoxon, dass wir knacken dürfen: wenn diese Verwirrung des Mangels aus unserem System verschwunden wäre, würden wir das, was wir uns wünschen freiwillig bekommen. Sind wir in unserer wahren Größe, völlig authentisch unser ICH, sind wir nicht nur geschützt ohne Mauern, wir können wir automatisch empfangen und werden beschenkt. Wir spüren den Wunsch richtig in uns - doch mit dem Mangel in der Tasche bringen wir es so schräg rüber, dass unser Gegenüber uns nur ablehnen kann, auch wenn wir es eigentlich verdient hätten. Wie bekommen wir den Mangel raus aus dem System? Gar nicht raus, sondern annehmen. Den Mangel lieben. (Und zwar inklusive dieser Angst, die diese Idee auslöst) Jedes Gefühl fließt ab, während wir es wahrlich fühlen. Solange wir das Gefühl versuchen mit Kompensationen weg zu machen, ihm ausweichen oder es verdrängen, bleibt es da und wir im Mangel. Weder heilt Zeit Wunden noch verschwindet irgendwas über Nacht. Das Paradoxe für unseren Geist ist der Weg: Wenn wir in uns, uns unseren Mangel eingestehen, ihn fühlen mit all seiner Verzweiflung, uns ihm100% hingeben, dann kann er abfließen. Je schlechter wir fühlen können, desto mehr inszeniert das Leben den Alltag so, damit wir es fühlen können. Je besser wir es fühlen können, desto leichter wird der Alltag. Fühlen bedeutet ja sagen, das Gefühl lieben, es annehmen, es da sein lassen, solange es eben braucht. Aber vorsicht, tun wir dies nur damit der Mangel  geht, mit einem UMZU, diesen Trick durchschaut jedes Gefühl in uns, dann ist es nicht wahrlich gefühlt – dann suchen wir nur nach einer neuen Idee zum Ausweichen. Ich hab es schon oft gesagt, ein wahrlich gefühltes Gefühl flutet unseren Körper in 90 Sekunden. Wenn wir den Widerstand, die Angst vor dem Gefühl loslassen und es hindurch darf.
Mögen wir alle unseren Mangel heilen, denn uns gemeinsam gehört die Fülle die Mutter Erde uns schenkt. Den Pflanzen und Tieren und uns Menschen, einer der vielen schönen Tierarten dieses Planeten. AHO

Acryl, Bleistift auf Papier, 50 x 60 cm, 2016,

„Keine Ahnung“

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