Freitag, 9. Juni 2017

Erleuchtung heißt heilen, nichts weiter // Tag 11


Ich sortiere gerade meine Wohnung aus und habe ein riesen Gemälde von vor 10 Jahren gefunden mit einem Text darauf, der mich sehr berührt. Wieviel ist passiert in 10 Jahren? Wie sehr hat mich mein Weg verändert? Wahnsinn! Total. Das wovor ich Angst hatte, ist heute meine Realität. Heute stehe ich, mit allen Prozesse, mitten in meinem Leben, im Hier und Jetzt. Noch nie war ich so glücklich, selbst wenn ich einsam bin oder in Panik gerate oder verzweifelt weine – da ist ein hier sein, ein glücklich sein immer parallel vorhanden. Dieser Text erinnert mich daran, wie verzweifelt, leer, verlassen ich war, jeden Tag, immer, permanent - und niemand hat mir angesehen, weil ich perfekt schauspielerte. Und ich hatte keine Ahnung, wie ich es ändern sollte... 

Das schrieb ich vor 10 Jahren: 
„Wie ein Schleier legt sich die Angst vor mein Leben. Ich bleibe hier stehen und traue mich nicht hinein. Doch sie Sehnsucht nach meinem Leben brennt in mir, zieht mich voran. Ich spüre sie so deutlich, alles zieht mich hinein in mein Leben. Doch gleichzeitig stehe ich davor, wie vor diesem Bild. Das Leben, mein Leben, scheint mir unerreichbar zu sein. Ich könnte nicht gut genug sein. Ich könnte nicht gemocht werden. Ich könnte allein sein. Es erscheint mir zu groß für mich – das, nachdem ich mich sehne. Und so traue ich mich gar nicht erst vor. Schaue ich zurück in mein Fotoalbum, scheint es mir, als hätte ich es gehabt, dieses Leben, mein Leben, aber jedes Mal wenn ich drin stehe, sehe ich nur eine Art Traum in der Ferne, eine Fata Morgana, weit weit weg, ungreifbar – wie ein Schleier dieser Worte sich vor dieses Bild legt, so liegt undurchdringlicher Nebel zwischen mir und meinem Leben. Ein Tor in eine andere Dimension, in eine andere Welt – doch dort liegt mein Glück, meine Liebe, meine Aufgabe – mein Leben eben. Aber ich bleibe hier gelähmt stehen. Meine Angst, ich müsste alles zurücklassen, lässt mich auf dieser Seite verharren und so passiert mein Leben ohne mich. Dort drüben, hinter diesem Durchgang sehe ich die Lichter der Liebe ganz deutlich glühen.
Doch wer ist diese Frau in meinem Fotoalbum, die mein Leben gelebt hat – so froh und glücklich? Wieso kann ich sie nicht im Hier und Jetzt spüren? Wieso sehe ich nur in der Vergangenheit dieses Glück der Frau?? Es ist verrückt, ich erblicke diese Frau auf den Bildern, wie froh sie mein glückliches Leben lebt, aber ich erinnere mich daran, dass ich auch damals nur daneben stand und nichts fühlte. Völlig abgetrennt.
„Geh hindurch“ schreien die Geister mir zu. Aber was ist, wenn dort nicht Hier und Jetzt ist, sondern eine andere Welt mit anderen Menschen? Meine Sehnsucht zerrt an meinem Herzen, wie ein Sog ziehen mich die Kräfte der Liebe durch dieses Tor. Ich soll es wagen? Soll ich es riskieren? Wirst du noch da sein auf der anderen Seite und all ihr anderen auch? Was ist, wenn es Abschied bedeutet?
Und so bleibe ich zögernd hier stehen und sehe von der Ferne zu. Wie der Ort, wo mein Leben sich lebt, soweit entfernt von mir ist und ich ihn nicht ereiche.“ 21. Juni 2007

Ich bin das Risiko eingegangen und bin gegangen durch das erste Tor und danach durch viele weitere. Immer tiefer hinein, immer weiter voran. 10 Jahre ist das her, als mein Leben komplett auseinanderbrach. Ich habe viel verloren. ich habe versagt und verloren, genau wie ich es ahnte, habe ich viele Menchen verloren. Menschen, Orte, Kunden, Prestige... mein Auto, mein Geld, Ideen und Vorstellungen von wie das Leben sein sollte, aber nie war. Ja, das hat jedesmal mega Angst gemacht und viel Mut gekostete, dennoch durchs nächste Tor zu gehen. Aber alles war besser als dieses Zombieleben. Dieser Knoten im Hals, diese Übelkeit wenn ich mich im Spiegel nicht sah. Ich habe soviel verloren, dass ich nur noch nackt da stand.
Doch ich habe das wertvollste, was mir mein Leben schenken kann gewonnen: MICH. Meine innere Freiheit, mein Sosein. MICH. Mich und die Liebe. Die Leichtigkeit und meine Kinder. Ich würde immer wieder gehen und ich werde immer weiter gehen. Ich habe es keine Sekunde bereut, selbst in den dunkelsten Stunden nicht. Ich habe keine Bilder mehr, die ich ein Fotoalbum kleben könnte, aber ich spüre mich jede Sekunde und ich sehe die Welt und die Menschen. Mein Weg hat sich gelohnt! Der Weg nach Innen lohnt sich. Immer. Der Sprung ins kalte Wasser und durch das brennende Tor. Es lohnt sich das Risiko des Lebens einzugehen. AHO

Acryl, Bleistift auf Papier, 50 x 60 cm, 2016,

„Keine Ahnung“

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