Dienstag, 15. Juni 2010

von plappernden hühnchen und singles

Irgendwie komm ich mir immer mehr auf die Schliche, dass ich nichts lern, wenn ich es nicht mache. Dieses ganze Theoretisieren bringt gar nüscht. Ich bin jetzt das erste Mal seit ... oh scheiße ist das lange her, seit 21 Jahren so richtig Single, genau mit 21 war ich mal 2 Jahre solo und hab mich rumgetrieben in den Bars und Clubs – damals hieß das Kneipe und Disco! Ich weiß noch, dass ich damals immer Mutproben mit mir selber gemacht hab und alleine weggegangen bin, alleine an ner Bar gesessen habe – und mich scheiße unwohl gefühlt habe und voll peinlich den Barkeeper angequascht habe... über die Mutprobe bin ich langsam hinaus, nach 2 Jahren Single sein, geh ich im Moment fast drei mal die Woche aus, tanzen – aber definitiv musste ich genau da anfangen, wo ich damals aufgehört habe. Dem ersten Typen, der mich auf der Tanzfläche geschnappt hat, hätte ich beinah instinktiv in die Eier getreten, so auf Abwehr war ich – so schräg vergraben im Toughe-Frau-Dasein. Irgendwie hatte bei mir echt nie einer ne Chance auf sich aufmerksam zu machen, alleine das Wagnis, mich anzusprechen hab ich mit Verachtung und blöden Sprüchen kommentiert – oh, ihr mutigen Männer, die ihr es trotzdem gewagt habt, tut mir echt leid, dass ich Euch so abfahren ließ. Ist noch nicht so lange her, dass mir ne Freundin den Kopf gewaschen hat und mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass man wenigstens nett (sie sagte höflich!) sein kann, wenn man jemandem nen Korb gibt, denn schließlich ist es ganz schön mutig ne Frau anzusprechen – ich bekomm meine Zähne nicht auseinander, wenn mir ein Mann wirklich gefällt. Dann bin ich schüchtern wie ne Maus, ja, echt!


Ich hab kein Problem jeden Menschen auf der Strasse anzusprechen, bis ich etwas von jemandem will, mir einer richtig gefällt... dann werd ich zum kleinen Mädchen mit Watte im Hirn und benehm mich völlig peinlich und damit dass nicht auffällt, tu ich besonders tough... heut morgen bei der Bank als ich mein Fahrrad aufschließen wollte, kam mir ein super süßer Typ entgegen, ich hab blöde gegrinst und völlig vergessen, dass das Schloß noch zu war, schieb mein Fahrrad an, das bremst und ich fall voll auf die Schnauze – und ich hab noch nicht mal über mich gelacht, sondern stur gerade aus geschaut und cool mein Kaugummi weiter gekaut... so voll peinlich... und Chance verpasst, der Typ hatte doch keine Ahnung, dass mein Slapstick ihm galt! Ich hab echt zu viele Filme wie „Er steht eben nicht auf Dich“ gesehen – und warte immer auf die Zeichen, auf die Zeichen, die bedeuten, dass er mich will und es deutlich macht – und was da alles passieren muß – ein Lächeln oder eine Facebook-Freundschaftsanfrage zählen ja schon gar nicht mehr, dass ich kapiere, dass jemand wirklich mich meint. Und eins weiß ich, Männer haben genauso Angst vor Zurückweisung wie wir Frauen und warten auch auf Zeichen – ich hab es geschafft, 20 Jahre schönster Jugend ohne jemals einen Drink ausgegeben zu bekommen – das ist mir das erste Mal aufgefallen, als ich mit meiner 16 Jahre jüngeren Schwester unterwegs war und die sofort zweimal nen Drink bekam... unglaublich, dachte ich damals, was ist an mir anders als an ihr? Du sagst, die 16 Jahre jünger, ich sag nein, denn in ihrem Alter ist es mir auch nicht passiert und jetzt, mit 42 und einer anderen Ausstrahlung, passiert es mir jeden Abend, wenn ich weggehe... es sind meine Zeichen. Ich habe bis letztes Jahr immer die Botschaft gesendet, wag es nicht mich anzusprechen, sonst bekommst du richtig Ärger mit mir. Und es hat sich niemand gewagt, ja das hat mich bestimmt auch immer davor bewahrt, belästigt zu werden, aber es hat mich eben auch vor den netten Männern dieser Welt bewahrt - ich will gar nicht sagen, dass ich deswegen nur doofe Männer an meiner Seite hatte, aber auf jeden Fall hab ich nicht viele kennen gelernt in meinem Leben oder gar ausprobiert – ich hab also eigentlich keine Ahnung wie sie sind, wie sie ticken – ich hab überhaupt keine Vergleichsmöglichkeiten – aber das passt ja auch zu meiner bisherigen Denke - nur danach zu schauen, wer mich mag anstatt zu schauen, wer mir denn gut tut.

Und mein Single-Dasein ändert da gerade einiges: denn es ist auch überhaupt das erste Mal, dass ich mich kennen lerne und überhaupt mal eine Basis dafür bekomme, wer zu mir passt, weil ich - echt es ist voll schrecklich, dass mit 42 erst von sich zu sagen, weil ich mich erst jetzt gerade kennen lerne: im allein sein. Ich bemerke plötzlich, dass ich morgens plapper wie'n Hühnchen, singe und gerne erstmal was schreibe bevor mein Tag anfängt (früher bin ich immer so lange wie's geht im bett liegen geblieben, um den Mann an meiner Seite so lange wie's geht zu genießen... hat ja auch was für sich, aber es macht einen Unterschied, ob man weiß, wie man eigentlich alleine wäre oder wenn man das nie über sich erfahren hat!) Ich liebe meine Sonntage an denen ich nach ner durchgetanzten Nacht trotzdem um neun aufstehe und ohne Frühstück alleine!!!!! auf den Flohmarkt gehe und da vor mich hinlaufe und Klamotten gucke und dort meinen ersten Kaffee trinke – to go! Und ich liebe meine Abende mit meinen Freundinnen, wo wir ausgehen und alle Männer in der Bar abchecken und uns überlegen, wer zu wem passt. Ich liebe es auch mit meinen Freundinnen tanzen zu gehen ohne auch nur einen Mann zu bemerken, ich liebe die tiefen Gespräche und den liebevollen Trost, wenn ich mal ganz das kleine schwache Mädchen bin! Und ich liebe es alleine auszugehen, ohne Freundinnen, ohne Date – mich einfach dahin treiben zu lassen, sehen, wen mir so ein Abend als Gesprächspartner beschert und was ich alles Neues erfahre über das Leben. Nee, ich schlepp keinen ab, dazu bin ich immer noch viel zu verklemmt – oder zu eitel: wenn die Zeichen nicht überdeutlich sind und mir ein Typ nicht klar signalisiert, dass er mich so geil findet, dass ich the one and only wäre for the rest of his life, dann geh ich auch nicht mit – irgendwie will ich es diesmal so, zumindest im Moment – obwohl es mir schon schwarnt, dass ich eigentlich auch erst im Machen, also fühlen lernen werde mich zu verändern, aber noch bin ich da nicht... Ich hab sone Art entwickelt mit mir umzugehen seit ich alleine bin: es passiert mir oft in diesem, meinem neuen Leben, dass ich nicht weiß, wo's gerade lang geht. Es ist ja auch alles immer noch neu und ich bin noch nicht da, wo ich hin will, weder beruflich noch privat und alles aufzugeben, ein neues Leben anzufangen in einer anderen Stadt, einem anderen Beruf – ohne Freunde oder Geld, dass hat mich immer wieder an den Punkt gebracht, dass ich nicht wusste wo's lang geht. Am Anfang hab ich echt oft heulend hier gesessen und den Himmel angefleht mir irgendwie im Kopf klar zu machen, was ich als nächsten Schritt tun soll – hab hier gesessen und gewartet und gewartet – aber ich blieb genauso wattig und gelähmt wie vorher – dann hab ich mich umentschieden und bin jedes Mal raus gegangen... also, ich hab mir im Kopf meine Frage formuliert, so was wie: wie werd ich meine Sehnsucht nach meinen Ex nur los? Geh ins Cafe und höre neben mir eine total abhängige Frau von ihrem Typen reden und mir rollen sich die Fingernägel auf und ich denk... oh scheiße, du musst aufhören dir immer und immer wieder was vor zu machen, wie diese Else da – schau dir die Wahrheit an, dann willst du freiwillig gar nicht mehr und Schwupps hatte ich einen riesigen Schritt in Sachen Loslassen gemacht, ohne lange zu warten. Ich will sagen: wenn ich raus gehe, im Cafe sitze, mit Menschen rede, Zeitung lese – also immer wenn ich die Suche nach der Antwort losgelassen habe, dann kam die Antwort mit einer so klaren Deutlichkeit zu mir, dass ich jedes Mal so erschrocken war als hätte jemand einen Eimer kaltes Wasser über mir ausgeschüttet.... ich hab im letzten Jahr hier in Berlin sooo viele Menschen kennen gelernt und sie alle haben mir irgendwas beigebracht, immer genau das, was gerade dran war, es war wie magisch, dass jeder mir immer genau das sagte, was ich als nächstes brauchte! Ja klar, viele von denen, die ich kennen gelernt habe, waren nur kurz in meinem Leben und dann bin ich weiter gezogen – und Andere sind geblieben. Ich muß mich noch damit anfreunden, dass ich weiterziehen darf ohne schlechtes Gewissen – wir alle schenken uns gegenseitig, was wir gerade brauchen und dann gehen wir weiter und bei den einen ist es nur ein nettes Gespräch und bei den Anderen ist es eine Freundschaft für immer! Aber diesen Weg habe ich nie entwickelt und hätte ich nie entwickelt, wenn ich nicht alleine gewesen wäre... ich hab immer alle Fragen meinem Mann gestellt – der Arme, kein Wunder, dass der völlig überfordert von mir war... lach, tut mir echt leid.... klimper mit den Augen um Verzeihung bittend... na ja, ist jetzt eh zu spät. Und ohne dieses Alleinsein hätt ich das niemals gemerkt, wie wunderschön es ist im Cafe die Antworten zu suchen. Ich liebe es neue Menschen kennen zu lernen, ich liebe es alleine zu sein und neugierig auf die Welt, ganz offen und aufmerksam nach außen gerichtet zu sein und zu sehen, was mir da begegenet – und das geht nur alleine, zu zweit bekommt man nicht mit, was da einem vor der Nase rumschwirrt! Und eins weiß ich: ich möchte erst wieder einen Mann haben, wenn ich all diese neu gefundenen Gewohnheiten so richtig etabliert habe in mir... ich kanns mir eh kaum vorstellen. Ich will echt keinen Vater für meine Kinder mehr und zusammen wohnen wäre mir zu eng – und dann verliebst du dich und wirfst wieder alles über den Haufen???? Neee, wa? Habe ich da nicht am Anfang zu stehen, dass ich erst alles lerne, wenn ich es erlebe... soll ich das also erst lernen, wenn ich mich dann wirklich verliebe, also das Trotzdem-bei-mir-bleiben, auch wenn ich verliebt bin... ich erinner mich daran, dass ich so eine Sehnsucht nach Zweisamkeit hatte, so hungrig danach war, auch nach acht Jahren noch, dass ich jede Sekunde allein sein als Einsamkeit empfand ( na ja, nicht ganz, wenn ich gearbeitet habe nicht. Meine Arbeit hat mich schon immer total augefüllt...) Ich war aber auch früher so, dass ich Gefühle nicht aushalten konnte (rumgezappelt habe und dachte jedes Mal mir müsste jemand helfen, sonst überleb ich nicht) und irgendwie wird das immer besser (ist das alt werden oder netter/weiser werden????) – ich bin ja hier auch alleine durch die Hölle gegangen und hab es alleine gefühlt – ohne Ablenkung oder eine starke Schulter neben mir – vielleicht gelingt es mir ja diesmal echt – meine Güte, habe ich Muffensausen davor. Und so schließt sich der Kreis: wer weiß??? Ich werd es erst wissen, wenn ich es probiere und wahrscheinlich muß ich einfach ein paar Mal üben bis es klappt... wieso auch nicht???!

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