Freitag, 14. April 2017

What a wonderful world.


Seit ich den Artikel geschrieben habe über meine Einsamkeit fühle ich viel mit und in dem Thema. Der Artikel, also meine Offenbarung, hat eine Tür geöffnet in mir. Ich habe das erste Mal Ja sagen können, so ist das bei mir – ich bin viel alleine. Auch wenn es auf „alleine sein“ ein Stigma gibt, dass man dann nicht in oder trendy ist oder ich vielleicht nicht so nett und deswegen keiner da ist – egal, wie das Stigma ist, so ist es gerade bei mir. Mir ist so doll aufgefallen, wie ich mich bemühe, dass die Menschen mich mögen, wie ich dauernd etwas „tue“ damit sie kommen, dableiben, etc und seit ich das lasse, entspanne ich mich langsam. Jetzt kann ich fühlen, wie es eben ist. Ich sehne mich nach Menschen, nach Begegnung, doch wenn ich sie treffe, dann bin ich oft schon nach 10 Minuten überfordert und will wieder nach Hause. Ich spüre meine Schüchternheit, ich spüre meine Gelassenheit – das ist ein spannender Gedanke: seit ich andere Menschen nicht mehr umerziehen möchte, sie da lasse (Ge-lassen-heit) wo sie sind, fällt ein großer Teil der Kommunikation einfach weg. Und damit auch der Drang mit ihnen zu sein. Ich spüre plötzlich erstmalig auch Neins gegenüber Menschen. Friedliche Neins. Ich spüre mich und meine Distanz, die ich habe. Sie ist meine Schutzraum und ich entdecke dies als etwas Gutes für mich. Das ist nicht aller Tage Ende, aber das ist eine riesengroße Neuerung für mich. Ein Schritt auf meinem Weg, in den ich mich jetzt hinein entspanne. Wenn ich in der Rolle der Großen bin mit meinen Kindern oder in der Rolle der Therapeutin – dann bin ich Gebende und das geht super. Da kann ich mein Herz auf Augenhöhe öffnen – doch wehe, jemand möchte mir was geben. Eine Umarmung halte ich genau 10 Sec, dann winde ich mich raus. Früher bin ich über diesen Punkt rübergesprungen, habe diese feine, empfindsame Stelle in mir nicht beachtet – so wenig wie ich wusste, dass ich schüchtern bin, so wenig war mir klar, dass ich da eine riesen Schutz-mauer in mir habe. Mit meinen nächsten Menschen kann ich das nun besprechen und aktiv üben – das ist echt atemberaubend. Empfangen macht mir Angst, weil ich meine Abwehr runter fahren muss. Weil ich mich verletzlich mache und dann rasseln alle Bilder im Schnelllauf an mir vorbei – die, in denen ich Opfer war – dann nehm ich mein Kind in mir in den Arm und atme weiter. Ganz langsam entspanne ich mich darein und von Woche zu Woche öffnen sich neue Türen.
Heute ist Karfreitag, Jesus starb heute vor 2017 Jahren am Kreuz. Ich hör gerade Luis Armstrong mit What a wonderful world (https://www.youtube.com/watch?v=CWzrABouyeE) und weine fast jedes Mal an der Stelle, wo er singt, dass die Menschen fragen, wies dir geht, aber eigentlich meinen, ich liebe dich. Ja, das stimmt - durch diese Brille, oder diese Augen auf diese Welt geschaut, ist überall Liebe - aber ich bin nicht mit allem in Liebe und ich weiß nicht, wie das geht und es tut so weh nicht in Liebe zu sein. Wie hat Jesus das geschafft, dass er geliebt hat, auch seine Täter? Ich mag seine Botschaft, dass "er" nicht tötbar, nicht verletzbar ist und wieder aufersteht - das niemand ihm etwas antun kann - "schau Gott, sie sind alle verwirrt, vergib ihnen, sie wissen nicht was sie tun..." wenn ich die doofe Kirche weglasse, finde ich Jesus toll! Ich möchte das auch können. Ich suche nach der Tür, die Frieden bringt mit allen und jedem - ich weiß, dass es sie gibt. Doch ich finde die Konsequenz, wenn ich diese Tür öffne, krass - weil das bedeutet, dass alles sein darf. Was bedeutet das dann für einen Menschen, der Opfer wurde, für eine Tat, die passiert und einen verletzt oder beide... Wohin führt dieser Weg, den wir da gehen. Ich bin gespannt. 
Ja, ich möchte nur lieben - das ist alles, wonach ich mich sehne - und wie oft kann ich das nicht, sondern bin einfach leer ... und ich spüre die Verschwendung der Zeit.
Es gibt Menschen in meinem Leben, die ich nicht mehr sehe, obwohl ich mich nach ihnen sehne. Ich bin für manche Menschen zu direkt, zu ehrlich, zu konfrontativ oder zu viel Gefühl. Je nach dem. Mein Weg ist nicht für jeden gehbar. Der Weg anderer ist für mich ja auch nicht gehbar. Andere Menschen sind einfach mit ihren Prozessen beschäftigt oder das Leben hat sie wo anders hin verschlagen. So wie es mich ja auch zu einer ganz anderen Frau gemacht hat, als ich vor zehn Jahren noch war. Und da sind Menschen dabei, da habe ich keine Worte dafür, wie sehr ich sie vermisse.
Früher hätte ich irgendetwas erfunden um diese Menschen doof zu finden oder eine Streit vom Zaun gebrochen um die Distanz besser auszuhalten - aber ehrlich gesagt mag ich diese Projektionsausweichmanöver nicht mehr - und jetzt fühle ich den Abschiedsschmerz. Es ist so, wie es ist und genau jetzt in diesem Moment ist die beste Lösung und dennoch tut es weh. Sau weh. Ich glaube, dass ist, was der süße Schmerz genannt wird. Ich liebe und sehne mich und spüre die Leerstelle und den Trennungsschmerz. Dennoch ist es gut so, wie es ist. Und ich begreife langsam, so ist das einfach zwischen Menschen - so wird es immer sein - und keiner kann was dafür, jeder verkraftet eben andere Dinge, hat andere Wege seine Lektionen zu meistern und selbst die Überlebensstrategie der Projektion, des dem anderen Schuld geben - ist Not-wehr. Es sagt sich einfach, dass sich doch alle mit ihrem Kram auseinander setzen sollen, aber ich weiß inzwischen, wie schwer das ist und wie lang das dauert und wie oft ich, obwohl ich so viel an mir gearbeitet habe, dennoch nicht bei mir bin... mein Fazit wird immer klarer, ich kann alle nur da lassen, wo sie sind und darf lernen, dass ich Begegnungen als Geschenke annehme – als Kostbarkeiten, was sie sind. What a wonderful world.


Acryl auf Papier, 40 x 50 cm, gerahmt
Be happy - more & more - everyday, my love.



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